Guten Abend in die Runde,
Große Worte, Munis. Im Sinne deiner Kinder hoffe ich, dass dein Idealismus nicht doch irgendwann an der Realität aneckt. Leider bin ich nicht halb so überzeugt wie du davon, dass die Erziehung zu einem selbstbewussten Menschen mein Kind vor Stigmatisierung innerhalb und außerhalb der Familie bei Preisgabe der EMS bewahren kann.....
Du stellst immer wieder zwei Szenarien einander gegenüber: Das früh aufgeklärte, glückliche Kind gegenüber dem spät aufgeklärten, unglücklichen Kind. Es gibt noch einige Graustufen. Auf die einzugehen, würde jetzt zu weit führen. Aber eine Variante wird von dir konsequent ignoriert: Das lebenslang unaufgeklärte, glückliche Kind. Ich denke nach wie vor, diese Kinder sind die glücklichsten von allen. Und sie sind eindeutig in der Mehrheit:
Zu den unaufgeklärten Spenderkindern kommen ja noch die ganzen Kuckuckskinder hinzu, die ebenfalls nie etwas von diesem Umstand erfahren.
Ich glaube nicht, dass alle diese Menschen unglücklich sind.
Dann würde ich noch nachschieben, dass die Kenntnisse über mögliche genetische Erkrankungen und Dispositionen in unserer Ahnenreihe lückenhaft sind, wg. Kontakt verloren, in jungen Jahren gefallen etc.
Dasselbe würde ich bei einem genetisch leiblichen Kind auch antworten.
Welche Diagnostik sollte denn aufgrund der oben getätigten Aussage ins Leere laufen oder verzögert werden?
Ich habe keine Angst vor irgendwelchen Sci-Fi-Szenarien der Zukunft. Gentests durchführen zu lassen ist ja heute schon einfach, wie du selbst sagst. Dennoch wissen nur 5-10 % aller Spenderkinder um ihre Entstehungsweise. Und in dieser Zahl sind sowohl diejenigen enthalten, die dann doch noch aufgeklärt wurden als auch diejenigen, die es selbst herausfanden.
@ Alice Cullen
Kinder im Kleinkindalter können die Brisanz dieser Information doch noch gar nicht einschätzen. Und deshalb auch noch gar nicht filtern, wem sie was und wie viel erzählen. Ich hätte da schon die Sorge, dass erst die ganze Kita, dann die Spielplatzbekanntschaften und zuletzt der ganze Ort von der Sache wissen. Und dass den Kindern erst später klar wird, dass eine so sensible Info nicht für jedermanns Ohren bestimmt ist. Dann ist es aber zu spät.
@ Chrischtl
die Gewinner der Geschichte sind Mutter UND Kind.
Nachkriegszeit? Affäre mit einem amerikanischen Soldaten? Uneheliches Kind?
Damals hätte man den Knirps als "Bastard" oder "Bankert" beschimpft, über ihn und seine Mutter die Nase gerümpft, die beiden ausgegrenzt. Sie wären die fleischgewordene Dorfschande gewesen. Hätten gesellschaftlich und beruflich wohl kein Bein mehr auf den Boden bekommen. Die Frau war in ihrer Situation in der damaligen Zeit eigentlich auf dem "Heiratsmarkt" nur schwer vermittelbar. Sie hatte Glück, dass sie solche Eltern hatte, die ihr halfen.
Seine Eltern und Großeltern haben dem Mann ein normales Aufwachsen, ein normales Leben in der damaligen Gesellschaft, in der damaligen Zeit, ermöglicht.
In der Situation der Mutter war ihr Weg die wohl einzige Chance auf eine stabile Zukunft für sich und ihr Kind.
Zitat
Munis
Wir schämen uns nicht dafür, wie unsere Tochter entstanden ist und werden sie zu einem selbstbewussten Menschen "erziehen". Und sollte es irgendwann Probleme mit dem Umfeld geben, werden wir ihr zur Seite stehen - wie bei allen anderen Problemen auch. Im Zweifelsfall wird ein Kind, das immer das Gefühl hatte "Meine Eltern sind ehrlich zu mir und unterstützen mich" glücklicher sein als ein Kind, das irgendwann im Teenie- oder Erwachsenenalter erfährt "Meine Eltern haben mich belogen, meine Zeugung ist ihnen irgendwie peinlich vor dem Umfeld und jetzt ist das Vertrauen erstmal dahin".
Große Worte, Munis. Im Sinne deiner Kinder hoffe ich, dass dein Idealismus nicht doch irgendwann an der Realität aneckt. Leider bin ich nicht halb so überzeugt wie du davon, dass die Erziehung zu einem selbstbewussten Menschen mein Kind vor Stigmatisierung innerhalb und außerhalb der Familie bei Preisgabe der EMS bewahren kann.....
Du stellst immer wieder zwei Szenarien einander gegenüber: Das früh aufgeklärte, glückliche Kind gegenüber dem spät aufgeklärten, unglücklichen Kind. Es gibt noch einige Graustufen. Auf die einzugehen, würde jetzt zu weit führen. Aber eine Variante wird von dir konsequent ignoriert: Das lebenslang unaufgeklärte, glückliche Kind. Ich denke nach wie vor, diese Kinder sind die glücklichsten von allen. Und sie sind eindeutig in der Mehrheit:
[de].wikipedia.org/wiki/SpenderkindZitat
Wikipedia
Ein Spenderkind (engl. donor offspring / donor conceived person) ist eine Person, die durch eine Samenspende entstanden ist. Der Verein Spenderkinder schätzt, dass in Deutschland etwa 100.000 Spenderkinder leben, von denen ungefähr 510 % von ihrer Entstehung wissen.
Zu den unaufgeklärten Spenderkindern kommen ja noch die ganzen Kuckuckskinder hinzu, die ebenfalls nie etwas von diesem Umstand erfahren.
Ich glaube nicht, dass alle diese Menschen unglücklich sind.
Bitte, wie meinen? *?*Zitat
Munis
Und dann zusätzlich noch die ganzen "Kinder" eines gesamten Vereins (Spenderkinder) so dermaßen zu beleidigen, nur, weil es in das eigene Weltbild nicht passt und der eigenen Anschauung widerspricht... Äh ja.
Ich wäre dir dankbar, wenn du auf der Basis von Fakten argumentieren würdest, anstatt wild über meine Motive herumzuspekulieren. Ich habe meinen Standpunkt sehr wohl durchdacht und hier auch bereits begründet. Du unterstellst mir, ich würde mir Argumente zurechtbiegen. Und dass wir die anonyme Spende wählten, um dem Kind für den Fall, dass es die Umstände seiner Zeugung entdeckt, die Spendersuche zu erschweren, ist eine unverschämte Unterstellung. Es wäre der Diskussion vielleicht dienlich, wenn du deine Spekulationen zu den Motiven von Menschen, die du gar nicht kennst, einstellen würdest.Zitat
Munis
Es ging mir auch eher um das "ich bieg mir mal ein paar Argumente zurecht, um die anonyme Spende zu rechtfertigen". Viele der genannten Argumente (Entfernung, kein Urlaub möglich, "schnelle Erfolge" - denn die kann man eh nicht garantieren) wirkten extrem "vorgeschoben". Und es wirkt einfach nicht durchdacht, sondern eher wie ne schnelle Nummer, die man mal zwischen Freitag und Montag dazwischenschiebt. Man kann über anonyme Spende denken, was man möchte (wir hätten es nicht gemacht, aber ich akzeptiere durchaus, wenn andere Paare das anders sehen). Aber dann eben gleichzeitig nicht aufzuklären hat einfach ein "Geschmäckle". So nach dem Motto: Von uns erfährt das Kind das nicht und wenn's durch Zufall rauskommen sollte, haben wir dem Kind immerhin so gut es geht jede Chance genommen, die Spender kennenzulernen.
Warum ist es denn gelogen, wenn ich sage "nichts bekannt"? Genauso ist es doch bei anonymer EMS.Zitat
Munis
Und das war nicht die erste Frage vom Kinderarzt, die in Richtung Genetik/Vererbung abzielte. Oder lügt man dann konsequent auch dort und sagt "nichts bekannt", auch wenn es möglicherweise zur Folge hat, dass die Diagnostik bei einer Krankheit erst einmal "ins Leere läuft" bzw. verzögert wird, weil eine wichtige Information (Gametenspende) fehlt?
Dann würde ich noch nachschieben, dass die Kenntnisse über mögliche genetische Erkrankungen und Dispositionen in unserer Ahnenreihe lückenhaft sind, wg. Kontakt verloren, in jungen Jahren gefallen etc.
Dasselbe würde ich bei einem genetisch leiblichen Kind auch antworten.
Welche Diagnostik sollte denn aufgrund der oben getätigten Aussage ins Leere laufen oder verzögert werden?
Die meisten Spenderkinder werden ja niemals aufgeklärt.Zitat
risa74Berlin
Zoraya, ich kann es leider nicht nachvollziehen, wie Du annehmen kannst, dass Dein Kind niemals im Leben die Wahrheit erfahren wird. Wie willst Du das denn sicher stellen? Denn dass Dein Kind nie die Wahrheit erfährt, ist die logische Folgerung, wenn man nicht aufklärt. Heutzutage ist es schon so einfach, Gentests durchzuführen, in 30 oder 50 Jahren wird das viel einfacher sein. Klar bist Du in 50 Jahren vielleicht tot, aber Dein Kind nicht, und es kann das dann noch heraus finden.
Ich habe keine Angst vor irgendwelchen Sci-Fi-Szenarien der Zukunft. Gentests durchführen zu lassen ist ja heute schon einfach, wie du selbst sagst. Dennoch wissen nur 5-10 % aller Spenderkinder um ihre Entstehungsweise. Und in dieser Zahl sind sowohl diejenigen enthalten, die dann doch noch aufgeklärt wurden als auch diejenigen, die es selbst herausfanden.
Im Alltag spielt die Art und Weise, wie unser Kind entstanden ist, normalerweise überhaupt keine Rolle. Wir denken nicht ständig daran. Denkst du etwa im Alltag dauernd an deine vergangenen ICSIS? Ich kann nicht behaupten, dass es mich einen großen Kraftaufwand kostet, das Geheimnis zu wahren. In bestimmten, punktuellen Situationen wird das Thema immer mal wieder aufgegriffen. Dann sagen wir, unser Kind ist durch Kinderwunschbehandlung entstanden. Stimmt ja auch. Weitergehende Fragen ins Detail würde ich höflich aber bestimmt mit dem Hinweis abblocken, dass mir das tiefere Eingehen auf das Thema zu persönlich ist und ich deshalb keine weiteren Details preisgeben möchte.Ich frage ja auch nicht, in welcher Stellung die Kinder meiner Gesprächspartner entstanden sind.Zitat
risa74Berlin
Das Andere: ein Geheimnis zu bewahren kostet Kraft, denn an ein Geheimnis muss man immer denken, man darf ja nicht vergessen, dass man nicht daürber sprechen darf. Das funktioniert in etwa wie: denk nicht an Eisbären. Welches Bild hast Du jetzt vor Augen? Genau.
Okay, das wird mir jetzt zu esotherisch. Ich möchte mich der Antwort von Sanne76 vollumfänglich anschließen.Zitat
risa74Berlin
Außerdem haben Kinder extrem feine Antennen. Auch, wenn sie nicht bennen können, was nicht stimmt, werden sie immer das Gefühl haben, dass etwas nicht stimmt. Alle Formen der psychischen Erkrankung sind meiner Ansicht nach geradezu vorprogrammiert (Magersucht, Selbstmordgedanken, Drogen- und Alkoholsucht). Dein Kind wird sein Leben lang das Gefühl haben, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Urvertrauen ist damit nicht möglich, und Du hast dieses Vertrauen nicht verdient. Allein die Tatsache, dass Du hier (wiederholt) zu diesem Thema schreibst, bestätigt, dass Du nämlich sehr wohl Deine Nichtaufklärung als ein bedeutsames Faktum erlebst, es bringt also nichts, das abzustreiten. Dein Kind hat also keine Möglichkeit, selbst zu lieben und ein erfülltes Leben zu führen. Nimmst Du das wirklich in Kauf?
Das ist so allgemein formuliert nicht richtig. In Deutschland sprechen sich viele Fachleute derzeit für die Aufklärung aus. In anderen Ländern ist das anders. In CZ hatten wir damals ein Psychologen-Gespräch vor der Behandlung. Dort wurden beide Wege als gleichwertig mit jeweiligen Vor- und Nachteilen nebeneinander gestellt.Zitat
risa74Berlin
Und leider ist meine Ansicht über dunkle Familiengeheimnisse, wie ich es vereinfacht hier nennen möchte, auch nicht meine Ansicht alleine, sondern es sind gewichtige Stimmen von Psychotherapeuten.
@ Alice Cullen
Zitat
Alice Cullen
Wie du weißt sind meine Kinder durch eine anonyme EMS entstanden, sie werden aufgeklärt das auch schon von Anfang an, je nach dem wie die Fragen nach Bienchen und Blümchen kommen.
Zitat
Alice Cullen
Zum Umgang mit der Umwelt / bekannten / Dorf , wir klären ja erst Kinder dann den Rest auf, den Kindern wird es überlassen wem und wieviel sie weiter erzählen wollen.
Kinder im Kleinkindalter können die Brisanz dieser Information doch noch gar nicht einschätzen. Und deshalb auch noch gar nicht filtern, wem sie was und wie viel erzählen. Ich hätte da schon die Sorge, dass erst die ganze Kita, dann die Spielplatzbekanntschaften und zuletzt der ganze Ort von der Sache wissen. Und dass den Kindern erst später klar wird, dass eine so sensible Info nicht für jedermanns Ohren bestimmt ist. Dann ist es aber zu spät.
@ Chrischtl
die Gewinner der Geschichte sind Mutter UND Kind.
Nachkriegszeit? Affäre mit einem amerikanischen Soldaten? Uneheliches Kind?
Damals hätte man den Knirps als "Bastard" oder "Bankert" beschimpft, über ihn und seine Mutter die Nase gerümpft, die beiden ausgegrenzt. Sie wären die fleischgewordene Dorfschande gewesen. Hätten gesellschaftlich und beruflich wohl kein Bein mehr auf den Boden bekommen. Die Frau war in ihrer Situation in der damaligen Zeit eigentlich auf dem "Heiratsmarkt" nur schwer vermittelbar. Sie hatte Glück, dass sie solche Eltern hatte, die ihr halfen.
Seine Eltern und Großeltern haben dem Mann ein normales Aufwachsen, ein normales Leben in der damaligen Gesellschaft, in der damaligen Zeit, ermöglicht.
In der Situation der Mutter war ihr Weg die wohl einzige Chance auf eine stabile Zukunft für sich und ihr Kind.